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Camp für ukrainische Familien

Beitrag vom 16. Juni 2023

Am 24. Februar 2022 startete Russland seine Offensive gegen die Ukraine und zwang somit Millionen von Menschen zur Flucht. Unter den Geflüchteten befanden sich auch viele krebskranke Kinder und Jugendliche, deren Therapie im Krisengebiet abgebrochen werden musste. Zahlreiche Hilfsorganisationen und private Initiativen organisierten flugs ihre Evakuierung und den Transport in angrenzende europäische kinderonkologische Zentren. Auch die Deutsche Kinderkrebsstiftung beteiligte sich an den Hilfsmaßnahmen und initiierte eine Spendenaktion zugunsten der betroffenen Kinder und Jugendlichen. 

Mit den gesammelten Spenden konnten die an Krebs erkrankten Kinder auf vielfältige Weise unterstützt werden. Zum Beispiel mit schneller, unbürokratischer finanzieller Hilfe durch den Nothilfefonds der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Oder einem Camp, das eigens für die geflüchteten Familien rund ein Jahr nach Kriegsbeginn im Waldpiraten-Camp der Stiftung stattfand.

Mitarbeiterin Shary Hergaß aus dem pädagogischen Team schildert für uns ihre Eindrücke von diesem besonderen Camp.  

Es ist ein Donnerstag Anfang März. Das Multifunktionshaus des Waldpiraten-Camps ist mit 18 Erwachsenen und 13 Kindern sowie Camp-Mitarbeitenden gut gefüllt. Mein Camp-Kollege Luca Nano singt ein Lied auf Englisch und hebt seine Hände, um einen Bären zu imitieren. Im Takt des Liedes beginnen alle, die lustigen Bewegungen von Luca mitzumachen. Als das Lied endet, wird kräftig applaudiert. Die Teilnehmenden schmunzeln und eine lockere Atmosphäre erfüllt den Raum. Es ist ein super Auftakt für ein spannendes internationales Familien-Camp.  

Das spendenfinanzierte Camp für Familien aus der Ukraine, in denen mindestens ein Kind eine onkologische Krankheit hat, wurde von den Waldpiraten und der Deutschen Kinderkrebsstiftung in Zusammenarbeit mit Yuliya Pavlenko von der ukrainischen Partner-Organisation „Tabletochki“ geplant und durchgeführt. Yuliya fungierte dabei als Bindeglied zwischen den Waldpiraten und den Familien. Sie organisierte die Anmeldungen, die Anreise und die Kommunikation mit den Familien im Vorfeld. Ebenfalls von „Tabletochki“ kam die Psychologin Dana Nagorna, die Workshops zur mentalen Selbsthilfe und dem Umgang mit Stress bei Kindern anbot. Zusätzlich stand sie den Teilnehmenden über das gesamte Camp hinweg für Fragen und Gespräche zur Verfügung. Ihr Angebot wurde von den Familien dankbar angenommen.

Während des Camps halfen uns zudem insgesamt 8 Übersetzende bei der Kommunikation mit den ukrainischen Familien. Durch sie konnten die vorhandenen Sprachbarrieren so klein wie möglich gehalten werden. Die Zusammenarbeit mit dem pädagogischen Team funktionierte ausgezeichnet.  

Programm und Ablauf

Der Ablauf des Camps gliederte sich Tag für Tag in drei Teile: das Vormittags-, das Nachmittags- und das Abendprogramm. Alle angebotenen Programmpunkte wurden von Mitarbeitenden der Waldpiraten organisiert, mit Ausnahme des Workshops von Dana Nagorna für mentale Selbsthilfe. Vormittags gab es Aktivitätsangebote, bei denen Eltern und Kinder selbst entscheiden konnten, ob sie zusammen oder unabhängig voneinander teilnehmen wollten. Jede Familie konnte durch die verschiedenen Angebote den für sie individuell passenden Ablauf zusammenstellen. Dies stellte für einige Familien anfangs eine Herausforderung dar. Eine Entscheidung zu treffen, fiel nicht allen leicht. Mit der Zeit konnten sich aber alle darauf einlassen. Mit der Auswahlmöglichkeit bei den Angeboten wurde ihnen Platz zur Selbstbestimmung und Handlungsbefähigung eingeräumt.  

Nachmittags gab es separate Angebote für Eltern und Kinder. Die Eltern konnten sich zwischen dem Angebot der Psychologin Dana Nagorna und einer kreativen Aktivität von Oliver Engel und Ariana Dietze, wie zum Beispiel einem Besuch im Salzraum mit Klangschalentherapie, entscheiden. Insbesondere der Besuch im Salzraum führte bei den Teilnehmenden zu einer positiven Ausgeglichenheit. Entspannung pur und das Loslassen von Alltagssorgen – es war ein voller Erfolg!

Die jüngeren Kinder machten einen Ausflug zum Zoo und tags darauf auf den Spielplatz, während die Teenager Anhänger und Schmuckstücke aus Skateboard-Resten fertigten und auf Bäume kletterten. Die Sprachbarrieren zwischen Mitarbeitenden und Kindern konnten durch die Ausflüge und sportlichen Aktivitäten leichter überwunden werden, denn schließlich stand dort die non-verbale Kommunikation und das, was es zu entdecken und zu sehen gab, im Vordergrund.  

Besuch von Bohdan Telizhenko 

Abends gab es stets ein gemeinsames Programm. Ob Musik und Tanz, Kennenlernspiele oder eine Chaos-Rally, bei der die Familien im Dunklen Nummern auf dem Gelände finden und lustige kleine Challenges gewinnen mussten. Dies hat den Teilnehmenden großen Spaß bereitet. Doch das Highlight des Seminars war zweifelsohne der Besuch des ukrainischen Musikers, Bohdan Telizhenko, am Samstag. Er organisierte in der Mittagspause eine Jam-Session und gab während des Abendessens ein Konzert, bei dem nicht nur den Teilnehmenden, sondern auch den Mitarbeitenden ein paar Tränen vor Rührung über die Wangen kullerten. Zum Abschluss des Abends organisierte Mariia Telizhenko, die während des Seminars die jüngsten Kinder fabelhaft unterstützend betreute, das Lagerfeuerprogramm mit ukrainischen Liedern und Tänzen, welche von Bohdan teilweise begleitet wurden. Viele Teilnehmende fühlten besonders an diesem Abend ein Gefühl von Heimat und Zusammenhalt.  

Gestärkt in den Alltag

Das Konzept dieses Camp war darauf ausgerichtet, den Teilnehmenden Sonnenstrahlen für und in dunklen Zeiten zu schenken. Die verschiedenen Aktivitäten gaben allen Teilnehmenden die Möglichkeit, sich selbst wieder neu positiv wahrzunehmen und erleben zu können. Viele konnten aus ihrer Komfortzone herausgeholt werden. Sehr genossen haben die Familien auch die im Camp gelebte Leichtigkeit, besonders wenn der Alltag sonst eine gewisse Schwere mit sich bringt. Durch diesen Ansatz bekamen die Teilnehmenden unglaubliche Lust aufs Leben. Eltern fingen an, gemeinsam Pläne für die Zukunft zu schmieden, sich gegenseitig positiv zu bestärken und neue hoffnungsvolle Perspektiven für das Leben im Exil zu entwickeln. Die Kinder spielten ausgelassen in den Pausen, schlossen neue Freundschaften und genossen eine Atmosphäre, in der sie ganz Kind beziehungsweise Teenager sein konnten. Dies zu beobachten, war für uns, die Mitarbeitenden, eine erfreuliche Bestätigung unserer Herangehensweise an das Camp.  

Mit einer gebührenden La-Ola-Welle wurden die Familien nach drei schönen Camptagen verabschiedet. Ein erfolgreiches, belebendes und angenehmes Familien-Camp ging zu Ende.  

Rück- und Ausblick 

Rückblickend ist es beeindruckend, was alles auf die Beine gestellt werden konnte. Alle Teilnehmenden haben schnell ihren Platz im Camp gefunden. Auch war es erstaunlich, zu sehen, worauf sie sich in den Aktivitäten einließen. Die Dankbarkeit und das positive Feedback der Familien, der Übersetzenden und des Teams zeigt, dass unser Ziel, Sonnenstrahlen und Wärme weiterzugeben, erreicht wurde. Schön ist, dass sich sogar schon die ersten Kinder für die Camps angemeldet haben.  

Es kann also gesagt werden: Das erste Camp für geflüchtete Familien aus der Ukraine war ein großer Erfolg, generell und für die Integration der Teilnehmenden in das Regelprogramm der Waldpiraten.

Ein großer Dank geht hier an das Team Rynkeby Deutschland, das mit seiner Spendenaktion das Camp finanziert hat. Seit 2002 brechen jeden Sommer die mittlerweile 9 Ländermannschaften des Team Rynkeby zu einer mehrtägigen Sternfahrt nach Paris auf. Es ist der Saisonhöhepunkt der größten europäischen Amateur-Charity-Radsportinitiative, die seit 2016 von der Eckes-Granini Gruppe als Partner und Hauptsponsor unterstützt wird. Sie sammelt jährlich Spenden für schwerkranke Kinder und deren Familien. Im vergangenen Jahr sammelten die deutschen Teams für krebskranke Kinder und Jugendliche, die aus der Ukraine flüchten mussten, und ermöglichten so die Finanzierung des Camps im Waldpiraten-Camp.

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